Recherchegruppe Bayern

Der Bayerische Journalisten-Verband steckt in der größten Krise seiner Geschichte. Es fehlen die Erfolge bei Tarifverhandlungen und die Serviceleistungen für die Mitglieder sind dürftig. Obwohl es reichlich Verbesserungsvorschläge gibt, geht es mehr um Pöstchen und Machtstrukturen, als um einen lebendigen Verband.

12 April 2005

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Diskussionsangebot

Hans Werner Conen
D 10717 Berlin

Herrn Dr. Wolfgang Stöckel
Schulamt der Stadt Nürnberg
D 90403 Nürnberg 11. April 2005

Sehr geehrter Herr Dr. Stöckel:

wie ich von Teilnehmern der Bezirksversammlung München-Oberbayern höre, haben Sie dort Ihr Bedauern darüber ausgedrückt, nicht mit mir über „Feste und Freie - sitzen sie wirklich in einem Boot?“ diskutieren zu können. Meine kurzfristige Ausladung, so haben meine Informanten Sie verstanden, sei nicht zur Unterdrückung einer mißliebigen Meinung, sondern wegen eines offenen Rechtsstreits („laufendes Verfahren“) mit dem DJV Landesverband Baden-Württemberg erfolgt.

Mit Freude und Genugtuung kann ich Ihnen mitteilen, daß der Rechtsstreit zur allseitigen Zufriedenheit ohne Urteil durch einen Vergleich schon am 18. März 2005 - also deutlich vor der Podiumsdiskussion in München am 7. April 2005 - beendet wurde. Es gibt also seither kein „laufendes Verfahren“ mehr. Da die Kosten gegeneinander aufgehoben bzw. hälftig geteilt wurden, gibt es weder Sieger noch Verlierer.

Ich nehme an, daß auch Sie über diese Entwicklung froh sind. Einem fruchtbaren Meinungsaustausch bei nächster Gelegenheit sehe ich daher mit Interesse entgegen. Dies verstehe ich als Stärkung des Verbands. Anders als etwa die Gewerkschaft Verdi ist der BJV für Journalisten aller politischen und weltanschaulichen Richtungen offen und vor allem anderen der Meinungsfreiheit verpflichtet. Konservativ-liberale Positionen, wie ich sie vertrete, müssen deshalb gleichermaßen zu Wort kommen wie sozialistisch-gewerkschaftliche, die im DJV und gesamtgesellschaftlich die einer schwindenden Minderheit ist.

Inzwischen hat sich - auch - im BJV eine demokratische Opposition gebildet. Wohl nicht zuletzt, weil sich Defizite im Umgang mit Meinungsfreiheit gezeigt haben, die für einen Journalistenverband außerhalb des sozialistischen Lagers höchst erstaunlich sind. Dabei ist es ganz einfach: Wie Sie vielleicht wissen, hat die CSU in Nürnberg die letzte Kommunalwahl verloren, doch hat sie sich darauf weder aufgelöst noch auf die Äußerung ihrer von der Mehrheit abweichenden Meinung verzichtet. Und sie tut alles, um der jetzigen Mehrheit das politische Leben schwer zu machen und die nächste Wahl zu gewinnen. Wie mir gemeldet wird, hat die Opposition im BJV das auch vor. Also: Von der CSU lernen, heißt Demokratie lernen.

Bitte erlauben Sie noch, Ihnen zum Verdienstkreuz am Bande zu gratulieren. Journalisten nehmen keine Orden von denen an, die sie zu kontrollieren haben. So gesehen ist die Annahme des Ordens ein Stück Klärung, für die die Journalisten im BJV Ihnen sicher dankbar sind.

Nun freuen wir uns auf das Ende der Sprachlosigkeit des größten Landesverbands im DJV. Ich erwarte gern Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

(Hans Werner Conen)