Recherchegruppe Bayern

Der Bayerische Journalisten-Verband steckt in der größten Krise seiner Geschichte. Es fehlen die Erfolge bei Tarifverhandlungen und die Serviceleistungen für die Mitglieder sind dürftig. Obwohl es reichlich Verbesserungsvorschläge gibt, geht es mehr um Pöstchen und Machtstrukturen, als um einen lebendigen Verband.

30 Mai 2005

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Unterirdisches und Gruseliges

Nach den 65 peinlichen Fragen von Günzburg muß der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) schon wieder ’was erklären: Schanzt die selbstherrliche Geschäftsführerin Frauke Ancker dem Spezi Ulf Froitzheim mal gerade schlappe 5.000 Euro für sein mit Pauken und Trompeten verlorenes Gerichtsverfahren gegen das Brandenburger DJV-Vorstandsmitglied Hans Werner Conen zu? Froitzheim, mit öffentlich zelebrierter verbaler Diarrhöe schon öfter aufgefallen, hatte Conen ein „asoziales Subjekt“ und einen „Steuerflüchtling“ genannt. Mit solch faktenfreien Beiß-Attacken muß rechnen, wer den BJV kritisiert.

Das wird aber jetzt wohl teuer, bis zum fünffachen durchschnittlichen Aufwand je Rechtsschutzfall. Wenn der BJV wirklich zahlt, geht der Jahresbeitrag von bis zu 25 Mitgliedern allein für Froitzheims schlechtes Benehmen drauf.

Nach vielen Jahren kuscheliger Heimeligkeit im Münchner Funktionärs-Knusperhäuschen kommt auch beim BJV an allen Ecken und Enden Sturm auf. Feinde, wohin das schreckensgeweitete Apparatschik-Auge auch blickt. Das Böse ist immer und überall. Der Leibhaftige grinst teuflisch durch die Butzenscheiben – mal hat er die Gestalt von Bruckschen, dann von Minhardt, plötzlich sieht er aus wie Conen oder Schröder oder Witt oder ... Und dazu schreit das Käuzchen gar schauerlich.

Nun beginnt auch für den BJV der lange Marsch durch die Gerichtsinstanzen. Wie beim Bundes-DJV, dessen „Blitzkrieg“-Überheblichkeit in Sachen Berlin/Brandenburg längst dem blanken Entsetzen über immer neue Niederlagen und desaströse Finanzlöcher gewichen ist, wird das Ergebnis nicht nur in der Sache über kurz oder lang existenzbedrohend. Die ganze Führung des Vereins wird „entzaubert“, ihre sachliche Inkompetenz und charakterliche Fragwürdigkeit werden offensichtlich. Beispiele: Die Amtsperson aus dem Nürnberger Schulamt fordert hauptberufliche Journalisten – bei den anderen. Die Geschäftsführerin läßt zehntausende Euros aus den Büchern einfach verschwinden – zu wessen Gunsten? Da kommt ’was auf den BJV zu.

Der einst hoch angesehene Bayerische Journalisten-Verband hat keine „Names“ mehr zum Vorzeigen. Funktionäre aus der dritten Reihe haben mit Bedacht dafür gesorgt, daß sich nur winzige Minderheiten von Mitgliedern überhaupt noch an Verbandsleben beteiligen. Und daß diese winzigen Minderheiten rein zufällig Freunde derer sind, die seit 12, 15 oder noch mehr Jahren in ihren BJV-Pfründen sitzen. Andersdenkende, Kritiker gar werden weggemobbt und mit Ausschlußverfahren überzogen, die an die Säuberungen des Groß-Genossen Stalin erinnern. Folterkeller, Umerziehungslager, Genickschuß und Gulag fehlen allerdings. Bei der bislang letzten Mitgliederversammlung in Günzburg waren ganze 1,4 Prozent der fast 9.000 Mitglieder anwesend, darunter kein einziger aus den Medien richtig bekannter Name, aber viele Journalisten-Imitatoren, deren Medien-Schaffen noch der Entdeckung harrt – ein Verband auf dem Weg nach unten, Unterschicht statt Elite.

In einem solchen selbstreferentiellen Versager-Biotop sind die Pöstchen der Endlos-Apparatschiks auch weiter nicht in Gefahr. Ohne Gegenkandidaten und mit Honecker-Mehrheit werden sie von einer Art Zentralkomitee mit Klatschmarsch durchgewinkt. „Wolle mer se reinlosse“ ist keine Frage, man ist unter sich, Störer bei der 100-Köpfe-Idylle werden nicht geduldet. Schließlich lacht Bargeld. In diversen Gremien, in die auch Journalistenverbände direkt oder indirekt „entsenden“, sind Tausende p.a. abzugreifen.

Wer als Journalist erfolgreich im Beruf ist, lacht über solche „Peanuts“. Doch die Alternative für die Funktionärs-WG ist ja kein Leben als Chefredakteur oder Fernseh-Produzent, sondern Hartz IV. Da greift man bei Rundfunk- und anderen Räten gerne zu.

Hofschranzen, Stiefellecker und Lobhudler haben die heimliche „Vereins-Königin“, die aus Süd-Afrika zugereiste Dauer-Geschäftsführerin Ancker (der mit Breschnew-Mehrheit gewählte „Prinzgemahl“ Stöckel hat wenig zu melden) zu narzistischer Selbstikonisierung weit ab von der bösen, bösen Welt da draußen verholfen. Wenn es soweit kommt, wird sie ratlos vor Fragen von Gerichten, Staatsanwälten oder Steuerfahndern stehen, die ihr doch partout nicht den roten Teppich ausrollen. Der Ruf ihrer juristischen Kompetenz als Anwältin, bislang im BJV mangels Alternativen fest geglaubt, wird wohl wie Butter an der Juli-Sonne schmelzen – und ein getöntes Nichts enthüllen.

Und: Sage mir, mit wen du umgehst, und ich sage dir, wer du bist.

Ein enger Kumpel des Bürokraten aus dem Nürnberger Schulamt, der den bayerischen Oberjournalisten gibt, ist ein gewisser Karl Geibel. Der ist – immerhin – Lokalredakteur in der Stuttgarter Suburbia. Und er ist der erste und einzige Vorsitzende des DJV in Baden-Württemberg, seit jetzt 19 (!) Jahren. Streng demokratisch natürlich! Karl „Charly“ Geibel ist der Mann, der weiß, wofür die DJV-Mitglieder zahlen: Seit Jahren läßt er Ehefrau Heidrun-Ute von dem Verband, dessen Vorsitzender er ist, finanzieren, und zwar prächtig. Wenig erbaute DJV-Zahler fragen resigniert, ob die Summe dessen, was der DJV-Südwest mittlerweile für die Geibelsche Ich-AG losgeworden ist, noch unter einer Million liegt.

Da fällt finanziell kaum noch ins Gewicht, daß Geibels Stuttgarter DJV-Geschäftsführer Schelberg von der (bayerischen!) SPD als Funktionär und Pressesprecher bei der Partei geoutet, die Telefonummer des DJV als eine Art „Partei-Hotline“ öffentlich empfohlen wurde und Schelberg in der vom DJV bezahlten Arbeitszeit den Ruhm der Partei mehrte. Damit ist Schluß, seit Conen die Entwicklungshilfe für die SPD aufdeckte – Geibel als „Parteispender“ auf DJV-Kosten.

Der gruselt sich auch sonst vor keiner Peinlichkeit und berichtet in der eigenen Zeitung - über sich selbst: Mal hat er SPD-Genossen über Demokratie aufgeklärt, mal hat er als Erweckungsprediger in einer Kirche brilliert. Daß der selbstverliebte DJV-Experte für Qualitätsjournalismus demnächst täglich über seine Verdauung berichten will, ist aber ein anrüchiges Gerücht.

Beim Arbeiterführer Geibel nebst (Zweit-) Gattin, dem führenden Familienunternehmen im Profit-Center DJV, können selbst Stöckel und Ancker noch einiges lernen. „Solidar-Charly“ zeigt, wie das altehrwürdige gewerkschaftliche Prinzip „Alle für einen!“ richtig klasse funktioniert. Deshalb versteht Geibel überhaupt nicht, wenn Neo-Liberale meinen, Gewerkschaften hätten heute keinen Sinn mehr.

Wozu hat der BJV schließlich eine schlappe Million Euro auf der hohen Kante? Da könnte man doch ... – streng solidarisch natürlich. Und nur für echt gute Zwecke. Ehrlich!

Gideon Rosenberg