Recherchegruppe Bayern

Der Bayerische Journalisten-Verband steckt in der größten Krise seiner Geschichte. Es fehlen die Erfolge bei Tarifverhandlungen und die Serviceleistungen für die Mitglieder sind dürftig. Obwohl es reichlich Verbesserungsvorschläge gibt, geht es mehr um Pöstchen und Machtstrukturen, als um einen lebendigen Verband.

16 Oktober 2005

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Gewerkschaft? Igitt!

Geahnt hat man es schon länger: Mit Gewerkschaften und ihren Bonzen geht es steil bergab. Die guten Tage sind lange vorbei. Heute gilt: Kein Berufsstand wird in Deutschland so verachtet wie der Gewerkschaftsfunktionär.

Das Institut für Demoskopie Allensbach hat herausgefunden, daß nur 5 von 100 Deutschen etwas von Gewerkschaftsführern halten, aber 10 Prozent Journalisten mögen und 21 Prozent Unternehmer schätzen. Das tut richtig weh: Die als „neo-liberale Marktradikale“ und „Heuschrecken“ geschmähten Unternehmer erfreuen sich eines viermal so hohen Ansehens wie die Gutmenschen-Darsteller von den Gewerkschaften, den absoluten Schlußlichtern in der Umfrage – noch nach den Politikern.

Die sich gern als Arbeiterführer spreizenden Mandarine des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), von denen viele nicht einmal Journalisten sind, müssen nun wohl alle Hoffnung fahren lassen. Für eine Umschulung zum Manager in einem Unternehmen (14%), Apotheker (22 %) oder Pfarrer (34%) reicht es bei Funktionären nicht; der Spitzenreiter Arzt (71%) ist unerreichbar fern. Da bleibt nur die Einsicht: Gewerkschaftsführer ohne Ansehen im Volk sind wie Häuptlinge, denen die Indianer eine lange Nase machen – nicht einmal mehr tragisch, sondern ziemlich lächerlich.

Gideon Rosenberg

10 Oktober 2005

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China übernimmt teilweise DJV-Programm

Staat gegen Blogger - China hat ein neues Internet-Gesetz erlassen. Kein Computerbenutzer soll mehr der Zensur entwischen

... Mit der neuen Verordnung zur »Vereinheitlichung von Nachrichten und Informationen« im Internet, die vorige Woche in Kraft getreten ist, hat die chinesische Regierung nun auch Bloggern und anderen unabhängigen Internet-Benutzern den Kampf angesagt. Personen oder Gruppen, die Nachrichten im Internet verbreiten, müssen sich als »Medienorganisationen« registrieren lassen. Wer Gerüchte im Internet verbreitet, macht sich strafbar, ebenso, wer zu »Demonstrationen aufhetzt«, die »nationale Solidarität« bedroht oder Staatsgeheimnisse verrät. Die Verbotsliste umfasst elf Artikel. »Ich habe alle elf Artikel gelesen«, sagt Kulturredakteur Wang. »Die Regierung will alles unter Kontrolle bringen, vor allem die Blogger. Sie will einschüchtern. Viele haben tatsächlich Angst. Niemand will für das Verfassen eines Textes ins Gefängnis.« ...

China lernt von BJV und DJV. Die Oberen des Journalistenverbandes haben schon vor Monaten den Bloggern den Krieg erklärt und freie Meinungsäußerung ist traditionell im Verband verpöhnt.

... Und angeblich forschen Tausende von Beamten im Internet nach aufrührerischen Texten. ...

Dem DJV fehlen die Mittel für derart aufwändige Aktionen und so werden die Oberspitzel Ulf "Das Zäpfchen" Froitzheim und Benno "The Loser" Pöppelmann für Jagdszenen im Internet engagiert. Das Honorar ist karg aber es winken Ruhm und Ehre für die Herrn von der Verbandssicherheit.

07 Oktober 2005

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Zensur und Zentralismus im DJV

Mit ausdrücklicher Genehmigung des Verfassers füge ich hier eine E-Mail an mich bei:

Der Stalinismus ist im Jahre des Herrn 1989 fast überall unter dem Jubel seiner überlebenden Opfer untergegangen, wobei sich versprengte Reste der Nachhut noch in Nord-Korea und Kuba, aber auch als Marketingberater und SPD-Senioren im Deutschen Journalisten-Verband (DJV) aufhalten sollen. Seither wollen Gerüchte über seltsame Erscheinungen nicht verstummen. So soll – als „DJV-Fachausschuß Online“ konspirativ getarnt – eine Art Priesterkaste dem Sieger im Großen Vaterländischen Krieg unter striktem Ausschluß von Journalisten und Öffentlichkeit in geheimen Ritualen („Rote Messe“) Menschenopfer darbringen.

Wer den Zeremonien für den untoten Georgier entkommen konnte, berichtet gar Schauerliches: Burkhard Schröder, ein Berliner Journalist, der – verdächtig, verdächtig – nicht vom Kreidenzählen im Schulamt oder vom Schokoladen-Marketing lebt, sondern vom Journalismus, soll dafür bestraft werden, daß er etwas veröffentlicht hat. In einer Art Schauprozeß werden ihm erdrückende Beweise für seine Wühlarbeit als Volksschädling vorgehalten. Schröder, als der deutschen Sprache mächtiger Journalist von den den Journalisten-Verband im Wege des demokratischen Zentralismus lenkenden Nicht-Journalisten schon lange mißtrauisch beäugt, hat eine „Einführung in die Sprengchemie“ verfaßt, die das wiedergibt, was den lieben Kleinen ungefähr seit hundert Jahren in ihren Schulbüchern beizubringen versucht wird, meist vergeblich.

„Da haben wir ihn. Das ist eine klare Anleitung zum Bombenbau“, schmunzelten prompt die tapferen Verteidiger der Pressefreiheit um den Marketingmann, die wohl mit Wehmut an die gute alte Zeit zurückdenken, als noch die Reichsschrifttumskammer bei dem einen Führer und das Politbüro bei dem anderen mit Nachdruck dafür sorgten, daß nur gute Nachrichten veröffentlicht wurden. Und wenn das einmal nicht klappte, griff der Genosse Stalin gern beherzt selbst zur Kalaschnikow. Auch in Bergwerken und Steinbrüchen vollendete sich schon manche Journalisten-Karriere. Jetzt schauen wir einmal, was aus Volksfeind Schröder wird.

Dabei sollen die Probleme nicht verkannt werden: Der Genosse Stalin ist schon länger nicht mehr gesehen worden und Bergwerke gibt es in Deutschland kaum noch. Wird es den heldenhaften Sowjet-Menschen vom DJV unter Führung der Partei der Arbeiterklasse in letzter Sekunde gelingen, Schröders teuflischen Plan, die ganze Welt in die Luft zu sprengen, zu vereiteln? Schalten Sie wieder ein, wenn es heißt: „Der DJV-Clan – eine Heldensaga“ – mit freundlicher Unterstützung von Kim Jong Il.


( ... )


Im übrigen war ich bei der Sitzung des DJV-Gesamtvorstands am 12./13. September 2005 in Bonn sehr unangenehm vom Auftreten des erst im Sommer inthronisierten Online-Ausschuß-Vorsitzenden Dr. Bittner berührt. Es war peinlich, wie sich Bittner anbiedernd für die Geschäftsordnung für Fachausschüsse schleimig bedankte und die Geschäftsstelle und die Herren Engeroff und Pöppelmann mit geradezu hymnischem Lob überzog. Das war wohl selbst für den Byzantinismus intellektuell eher genügsamer Funktionäre ein Schlag zu viel.

Jedenfalls lief Bittner mit seiner Kritik am Internetauftritt von „Presseausweis.org“ voll vor die Wand. Und auch sein wortreiches Werben für einen weiteren Online-Kongreß, nachdem doch der vorige so erfolgreich war, wobei der Name des Verantwortlichen Vorsitzenden Minhardt strikt vermieden wurde, endete erst einmal im Aus. Der Vorsitzende Konken, über dessen journalistisches Schaffen man ja leider so wenig weiß, lehnte glatt ab. Allerdings wurde mir zugetragen, die Landesverbände Bayern und Berlin überlegten, Bittners Selbstdarstellungsforum Online-Kongreß zu finanzieren. Bedingung soll es den Informationen zufolge sein, daß Bittner es bis dahin schafft, Burkhard Schröder abwählen zu lassen, wodurch den in die Schußlinie geratenen autoritär von Skandalfiguren geführten Landesverbänden ein offenbar lästiger Kritiker vom Halse geschafft würde.

Vorangegangen waren klare Worte in persönlichem Gespräch an Bittner, die klarstellen sollten, dass er sich nicht von seinem Stellvertreter Schröder vertreten lassen dürfe. Der Zweck seiner Wahl sei schließlich die Entsorgung von Minhardt und Schröder gewesen.

Ob die Informationen zutreffen, ist schwer einzuschätzen; sie klingen aber plausibel. Der DJV zerfällt unter dem schwächlichen Nicht-Journalisten Konken in situative Parallelstrukturen. Sieht man von Tarifverhandlungen, für die sich (z.B. lt. „Kaiser-Papier“) so gut wie niemand interessiert, und von lächerlichen Pressemeldungen ab, mit denen folgenlos gegen den Rest der Welt angewütet wird, wird der Bundes-DJV mehr und mehr funktionslos. Neue Funktionen (z.B. Dienstleistungen á la „ADAC für Journalisten“) scheitern an verbohrten altlinken Ideologen, die den ursprünglich seriösen Berufsverband im Laufe der Jahre unterwandert und unter dem Schlagwort „Gewerkschaft“ – ein Gruselwort für erfolgreiche Journalisten – durch Proletarisierung und Vertreibung der Medienelite zur Spielwiese ihrer Achtundsechziger-Tagträume gemacht haben.