Recherchegruppe Bayern

Der Bayerische Journalisten-Verband steckt in der größten Krise seiner Geschichte. Es fehlen die Erfolge bei Tarifverhandlungen und die Serviceleistungen für die Mitglieder sind dürftig. Obwohl es reichlich Verbesserungsvorschläge gibt, geht es mehr um Pöstchen und Machtstrukturen, als um einen lebendigen Verband.

24 Februar 2005

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Geburtstagsfeier auf Verbandskosten

Wie mir meine Späher melden, soll der BJV-Vorstand beschlossen haben, der Geschäftsführerin Ancker für schlappe 10.000 € eine kleine Geburtstagsfeier auszurichten.

Unabhängig davon, dass wir so abermals erfahren, wozu Gewerkschaften gut sind, nämlich die Beitragsbeute an die Apparatschiks zu verteilen, sollte man nach dem Motto "Jeden Tag eine gute Tat" überlegen, wie man zusätzlich Freude aufkommen lassen kann.

Die Kostenübernahme in Höhe von 10.000 € ist steuerlich eine (verdeckte) zusätzliche Zahlung von Arbeitsentgelt und für die Einkommensteuer diesem zuzurechnen. Da Frau Ancker eine sogenannte "Besserverdienende" ist, dürften für Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer schon mindestens 30 % draufgehen. Die Kostenübernahme ist aber zusätzlich auch (im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenzen) sozialversicherungspflichtig. Dies bedeutet für die Arbeitnehmerin ca. 20 % Abzug. Von 10.000 € können also bei Frau Ancker nur 5.000 € ankommen.

Doch damit nicht genug. Der BJV muß auf den Ursprungsbetrag weitere ca. 20 % Arbeitgeberanteil zur Gesamtsozialversicherung zahlen, der Aufwand wächst also auf mindestens 12.000 €. Das gilt aber nur für den - unwahrscheinlichen - Fall, daß der BJV mit Frau Ancker über die zusätzliche Entgeltzahlung eine vorherige Vereinbarungs trifft und Steuer- und Sozialversicherungsanteile zeitnah einbehält und abführt. Wenn aber - eher wahrscheinlich - der BJV die 10.000 € ("brutto für netto") erst einmal für die Feier verjuxt, wird die Sache richtig teuer.

In einem solchen Fall ist nämlich von einer "Nettolohn-Vereinbarung" auszugehen, d.h. es muß aus dem gezahlten Netto-Betrag (10.000 €) auf den steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Brutto-Betrag hochgerechnet werden. Dieser dürfte bei ca. 25.000 € liegen. Die Folge: Steuern und Versicherungen werden aus diesem fiktiven Brutto-Betrag errechnet.

Der Beschluß des BJV sieht also in Zahlen mutmaßlich so aus:
10.000 € Zahlung für Geburtstagsfeier
15.000 € Steuern und Versicherungen
25.000 € Gesamtaufwand (ohne Rechtsberatung, etc.)
Es gibt zwar nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) .- z.B. Urteil VI R 48/99 - durchaus Möglichkeiten, sich die Feier runder Geburtstage steuer- und sozialabgabenfrei vom Arbeitgeber finanzieren zu lassen. Das ist aber an einschränkende Bedingungen geknüpft, die hier vermutlich nicht erfüllt sind: So muß u.a. der Arbeitgeber als Gastgeber auftreten und die Gästeliste allein bestimmen sowie die Feier in den Betriebräumen des Arbeitgebers als betriebliche Veranstaltung stattfinden. Einige wenige private Gäste des Arbeitnehmers sind zugelassen, doch dürfen nach R 70 Abs. 2 Nr. 3a LStÄR 2005 die Aufwendungen für diese 110 € brutto je Person nicht übersteigen, wobei Geschenke einzubeziehen sind.

Nun kämpfen wir alle unentwegt für das Gute. Insbesondere die Steuergerechtigkeit liegt uns sehr am Herzen. Da wäre es doch schade, wenn der unser ganzes Mitgefühl verdienenden Finanzverwaltung aus reiner Unkenntnis ein hübsches Sümmchen entginge, oder? Und wieviel Gutes können erst die Wohltäter von den staatlichen Zwangsversicherungen mit den zusätzlichen Beitrag tun!

Übrigens durften die Mitglieder des Gesamtvorstandes nicht teilnehmen. Sehr merkwürdig für eine Veranstaltung, die ja zumindest offiziell dem BJV nutzen sollte.

22 Februar 2005

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Mail an die Fachgruppe Online

Sehr geehrte Kollegin, sehr geehrter Kollege

nachdem unsere Fachgruppe sehr aktiv im Kampf gegen das Abhören und die Datensammelwut des Staates ist, wollen wir unsere Aktivitäten ausweiten und ein Schwarzbuch zu diesem Thema herausbringen.

Das Werk wird allerdings erst durch Fallbeispiele richtig lebendig. Es würde mich freuen, falls sich möglichst viele zu einer Mitarbeit entschließen könnten. Natürlich freue ich mich auch über jede Anregung zu dem Themenbereich.

Die vorläufige Themenliste:
Redaktionsdurchsuchung
Hausdurchsuchung
Wohnraumüberwachung
Telefonüberwachung
E-Mail-Überwachung
Sammeln von Bewegungsprofilen
RFID-Chip in Ausweisen und Geldscheinen
RFID als Marketinginstrument im Handel
Trojaner und Würmer als Spionagetools

Fehlendes Informationsfreiheitsgesetz
Bedrohung von Journalisten mit wirtschaftlichen Nachteilen
vorläufige Festnahme zur Verhinderung der Berichterstattung
Zerstörung von Arbeitsgerät
Wegfall des Bankgeheimnisses zum 1.4.2005
Manipulation von Akten und Dokumenten
Verweigerung der Stellungnahme in Politik und Industrie
Meinungsmanipulation durch Pessekonzentration

Nehmen Sie sich bitte ein wenig Zeit und schicken Sie mir Ihre Erfahrungen an die Mailadresse schwarzbuch@pressbox.de. Das ist eine sichere E-Mail-Adresse und erreicht ausschließlich mich.

Bitte verwenden Sie keinesfalls die BJV-Adresse, da eine unbekannte Zahl von Personen in der Geschäftsstelle die Mails weitergeleitet bekommt. Leider nimmt unsere Verbandsgeschäftsführung den Datenschutz und das Briefgeheimnis nicht wirklich ernst. Es ist sehr bedauerlich, dass gerade unsere eigenen Organe mit schlechtem Beispiel vorangehen.

mit freundlichem Gruß

Dipl.-Ing. Klaus D. Minhardt

Vorsitzender Fachausschuss Online Journalismus im BJV
Vorsitzender Bundesfachausschuss Online Journalismus im DJV

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Mail eines abgehörten Vorstandes an den Redakteur des BJV Reports

Hallo Ulf

beim BJV werden offensichtlich die Mails abgehört. Ich bekam heute einen Anruf, der sich auf eine Mail an meine FG-Adresse bezog. Das ist nur durch illegales Abhören möglich. Ich bin nicht bereit dies zu dulden.

Wie siehst Du das?

Klaus

04 Februar 2005

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Zwölf Thesen für einen zukunftsfähigen DJV

Der Fernsehjournalist Hans-Werner Conen sollte eigentlich in einer Podiumsdiskussion mit dem Vorstand Wolfgang Stöckel über die Zukunft des BJV/DJV diskutieren. Der Anlaß war die Mitgliederversammlung des Bezirksverbandes München-Obb. in München am 7.4.2005. Die Einladung des Bezirksvorsitzenden Walther Bruckschen wurde nicht verschickt, da Herr Vorsitzender Stöckel die Diskussion mit Herrn Conen verweigerte. Daher erhalten Sie hier die überspitzt formulierten Thesen von Herrn Conen zum Nachdenken und Mitdiskutieren.

So pointiert die Thesen auch sind, treffen sie auch häufig genau den Punkt der Wahrheit und verursachen so den Herrn Altfunktionären Bauchschmerzen. Mit dem Ausschluss Andersdenkender sind die Probleme nicht zu lösen!

Zwölf Thesen für einen zukunftsfähigen DJV

  1. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) ist eine professionell gemanagte Dienstleistungsorganisation ohne jede politische, gesellschaftliche oder sonstige Ideologie. Er respektiert, dass seine Mitglieder sich auf unterschiedlichsten Positionen von Berufs wegen am politischen Diskurs beteiligen. Der Verband darf nicht in Meinungskonkurrenz zu seinen Mitgliedern treten. Es gilt: Journalisten dürfen jede Meinung haben, der Journalistenverband darf - deshalb - keine Meinung haben. Der DJV hat kein politisches Mandat.
  2. Der DJV befaßt sich nicht mit Form und Inhalt dessen, was seine Mitglieder in Ausübung ihres Berufs in den Medien veröffentlichen. Er tritt aber insbesondere gegenüber dem Staat nachhaltig dafür ein, dass sie schlechthin alles veröffentlichen können ("Anything goes"). Der DJV ist keine den einzelnen Journalisten übergeordnete Instanz. Sanktionen sind ihm verboten. Mitglieder haben keine Pflichten außer der Beitragszahlung. Der DJV hat kein pädagogisches Mandat.
  3. Der DJV rechtfertigt sich ausschließlich über den konkreten beruflichen oder wirtschaftlichen Nutzen der einzelnen Mitglieder. Diese müssen aus einem breiten Angebot von berufsbezogenen Leistungen (Rechtsberatung, Steuerberatung, Gründerberatung, Berufshaftpflicht, Datenbanken etc.) die im Einzelfall benötigten auswählen können; auch Spezialaufträge müssen möglich sein. Hierfür hält der DJV eigene Experten bereit und/oder kooperiert mit entsprechenden Unternehmen.
  4. Der DJV anerkennt vorbehaltlos die unabdingbare Privatautonomie des einzelnen Mitglieds und damit den Vorrang individueller Regelungen aller Fragen im Zusammenhang mit der Berufsausübung vor kollektiven Regelungen. Diese sind stets subsidiär und abdingbar. Der DJV tritt für die Abschaffung oder Änderung aller gesetzlichen Regelungen ein, die private Koalitionen mit quasi-staatlicher Macht gegenüber dem Einzelnen versehen (Tarifvertragsgesetz, Betriebsverfassungsgesetz, Allgemeinverbindlichkeit, etc.).
  5. Der DJV legt die Zusatzbezeichnung Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten ab. Eine erfolgversprechende Interessenvertretung ist unter Gewerkschaft zunehmend unmöglich. Das Image von Gewerkschaften und der sogenannten gewerkschaftlichen Mittel (z.B. Streik) ist im freien Fall nach unten. Gewerkschaften haben keine Freunde mehr, sie gelten als Landplage und überflüssig. Es ist deshalb geboten, das sinkende Schiff zu verlassen. Auch ohne das Unwort Gewerkschaft kann der DJV weiter ein tariffähiger Verband sein.
  6. Der DJV beteiligt sich nicht mehr am Tarifkartell. Entgelte und Arbeitsbedingungen müssen sich im Wettbewerb am Markt einzeln frei bilden und nicht in Kungelrunden von Kartellbrüdern und Monopolbürokraten. Der DJV hat weit überwiegend gut ausgebildete Intellektuelle als Mitglieder, die weder zu dumm noch zu schwach sind, ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage - die Vermarktung ihrer journalistischen Leistungen - selbstveranwortlich zu gestalten. Der Umstand, daß es auch solche gibt, die das aus unterschiedlichen Gründen nicht können - oder wollen -, rechtfertigt es nicht, die breite Mehrheit der Tüchtigen zu bevormunden.
  7. Der DJV nimmt zunächst Abschied von Tarifbindung und Flächentarifvertrag, später von kollektiven Verträgen schlechthin. Der DJV gibt die gescheiterte menschenunwürdige kollektive Zwangsbeglückung auf und setzt auf Wettbewerb und Eigenverantwortung seiner Mitglieder. Das vorhersehbare Ergebnis: Leistungsbereite Auflagen- und Quotenbringer werden kräftig zulegen, Durchschnittsjournalisten und Problemfälle werden Einbußen hinnehmen müssen. Beides ist gut so.
  8. Der DJV führt für die Übergangszeit bis zum Entfall der Kollektivverträge zusätzlich die sogenannte OT-Mitgliedschaft ein, bei der das Mitglied die Leistungen des Verbandes in Anspruch nehmen kann, ohne der Tarifbindung zu unterliegen.
  9. Der DJV führt keine Arbeitskämpfe. Die Streikordnung wird abgeschafft.
  10. Der DJV handelt (ggf. unter Beachtung des Kartellrechts) mit möglichen Arbeit- bzw. Auftraggebern seiner Mitglieder Musterarbeitsverträge, Preislisten, AGBs, etc. aus, die für die individuellen Vertragsparteien Empfehlungscharakter haben. Für Konfliktfälle, in denen beide Parteien es wünschen, stellt der DJV Mediatoren.
  11. Der DJV erkennt uneingeschränkt Markt und Wettbewerb als Regelmechanismen für die Berufsausübung von Journalisten an und lehnt staatliche Vorgaben ab. Ziel journalistischer Arbeit ist der Erfolg am Markt. Der DJV sieht die Medien als Dienstleistungsindustrie wie andere auch. Der DJV tritt für die Befreiung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus der Beherrschung durch Parteien ein. Nach dem - vorhersehbaren - Scheitern dieser Bemühungen fordert der DJV die Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Der DJV tritt für ein Verbot der Beteiligung des Staates, der Parteien und der parteinahen Stiftungen an Medienunternehmen ein.
  12. Der DJV gibt sich ein Motto. Es lautet: "Wir wollen Einigkeit und Recht und Freiheit. Und die Freiheit um jeden Preis."